Bahntrasse: Wir reden mit

Nein, gemeint ist nicht die Renovierung der Landesstraße 3110 im vergangenen Sommer – obwohl auch die ziemlich viele Menschen in Rage brachte. Die Rede ist vielmehr von einem Großprojekt, das das angebrochene Jahrzehnt in Neuschloß prägen dürfte: die Neubaustrecke der Bahn zwischen Mannheim und Frankfurt.
Die Gleise – das jedenfalls ist sicher – werden durch unseren Wald und nahe an den Häusern des alten Ortskerns vorbeiführen. Glücklicherweise nicht oberirdisch, sondern tief in der Erde. Aber: Gebaut werden will so ein Megatunnel natürlich trotzdem. Die Zeit für neue Bagger rückt damit näher.
Klar, wann genau es losgeht, ist noch offen. In diesem Jahr startet erst die rechtlich verbindliche Planung; die bisherigen Absprachen in den Dialogforen sind juristisch nur informell. Und die ersten Bauarbeiten sind am anderen Ende der Strecke, zwischen Frankfurt und Darmstadt, vorgesehen.
Dennoch wird es für unseren Stadtteil jetzt entscheidend wichtig, genau hinzuschauen. Das betrifft nicht nur die Grundsatzfrage, wie der Tunnel entstehen soll. Eine tiefe Schneise ausgraben, die nötigen Bauten betonieren und dann wieder Erde auffüllen, wie es die Bahn vorschlägt – oder unterirdisch bohren, wie es viele aus der Region wünschen. Aber egal wie diese Entscheidung ausfällt: Baustellenverkehr, Straßensperrungen und Lärm werden so oder so einmal mehr auf Neuschloß zukommen.
Die Aktiven der Bürgerkammer Neuschloß werden die Planung der Arbeiten im Detail begleiten – damit unser Stadtteil nicht mehr belastet wird als unbedingt nötig. Gleich mehrere Mitglieder der Kammer engagieren sich in der Bürgerinitiative Lampertheim (Bila), die sich seit langer Zeit erfolgreich mit dem Großprojekt der Bahn beschäftigt.
Hilfreich werden die Neuschlößer Erfahrungen aus der Altlastensanierung sein. Denn schon in deren Planung hatten sich Anwohnerinnen und Anwohner erfolgreich mit einem Projektbeirat und Verein eingemischt. Die führenden Köpfe dieses wegweisenden Kampfs sind auch jetzt in der Bürgerkammer dabei, wenn es darum geht dafür zu sorgen, dass die Umsetzung der Bauarbeiten der Bahn die Interessen unseres Stadtteils angemessen berücksichtigt.

Die Aktiven der Bürgerkammer

Carola Biehal, Chemisch-Technische Assistentin, Ahornweg: Ich wohne seit 1988 in Neuschloß. Seither setze ich mich für die Belange der Neuschlößerinnen und Neuschlößer ein. Zunächst in Sachen Altlasten; von 2006 an als Vorsitzende des Projektbeirats und des Altlastenvereins, seit 2011 auch in der Lampertheimer SPD. Bis 2016 war ich Ortsvorsteherin. Seither engagiere ich mich als Vorsitzende der Bürgerkammer und in der Stadtverordnetenversammlung.

Helmut Kemnitzer, Dipl. Sozialwirt, Akazienweg: Ich bin 1994 mit meiner Frau Heidrun und unseren Kindern nach Neuschloß gezogen. Wir leben sehr gerne in Neuschloß – und möchten an der Weiterentwicklung und dem Zusammenhalt in unserem Ortsteil mitwirken.

Gitte Weidenauer, Lehrerin, Buchenweg: Nach Neuschloß bin ich im Jahr 1984 gekommen. Ich möchte die Basisdemokratie, die ich durch die Mitarbeit in der Bürgerkammer kennengelernt habe, fortsetzen –und damit unseren Ortsteil lebenswert, familienfreundlich und grün erhalten und gestalten.

Michael Bayer, Stellv. Chefredakteur, Ulmenweg: Ich bin in Neuschloß aufgewachsen, in einem der Siedlungshäuser im Ulmenweg, später im Wacholderweg. Seit eineinhalb Jahrzehten wohne ich mit meiner Familie wieder hier. Ehrenamtlich informiere ich über unseren Stadtteil mit Neuschloss.net im Web und auf Facebook. Beruflich arbeite ich in der Redaktion der Frankfurter Rundschau – und schätze auch daher die gute verkehrliche Anbindung von Neuschloß.

Heidrun Kemnitzer, Krankenschwester, Akazienweg: Ich wohne seit 1994 mit meiner Familie in Neuschloß. Erfreulicherweise sind in den vergangenen Jahren vermehrt junge Familien in unseren Ortsteil gezogen. Auch unser Sohn wohnt mit seiner Familie wieder in Neuschloß. Ein gedeihliches Miteinander von Jung und Alt liegt mir am Herzen.

Heinz Rupprecht, Laborassistent, Ahornweg: Mich hat es im Jahr 1988 nach Neuschloß verschlagen. Ich fühle mich hier pudelwohl – und möchte mich auch weiterhin einsetzen für die Menschen und den Stadteil. Damit er so liebens- und lebenswert bleibt.

Sonja Hilbert, Maschinenbau-Ingenieurin, Eichenweg: Ich wohne seit 2005 in Neuschloß. Neben meiner Arbeit in der Industrie war ich 20 Jahre lang als Betriebs-rätin aktiv. In der Bürgerkammer will ich mich weiter gesellschaftlich und politisch einbringen.

Rolf Wegerle, Chemiefacharbeiter, Lindenweg: Ich wohne, abgesehen von acht Jahren, schon immer in Neuschloß. Im Jahr 2006 habe ich das Haus meiner
Eltern im Lindenweg übernommen. Ich bin aktiv im Neuschlößer Verein „Die Meute“ und seit 2006 dort der Vorsitzende.

Gisela Bürkel, Hausfrau, Ahornweg:Ich lebe in Neuschloß seit mehr als 30 Jahren. Als Rentnerin habe ich viel Zeit, mit meinem kleinen Hund durch Neuschloß zu gehen. Das bringt mich häufig in Kontakt mit vielen Menschen – und mir fallen Dinge auf. Manche davon bringe ich anschließend in die Bürgerkammer ein. Dieser direkte Draht gefällt mir sehr gut.

Günter Kirchenschläger, Lehrer: Vor 30 Jahren wurde ich als Lampertheimer zum „Neu-Neuschlößer“ und nun zum „Alt-Neuschlößer“. In diese Zeit habe ich die Bürgerbeteiligung bei politischen Aufgaben ganz besonders schätzen gelernt – und verstehe die Bürgerkammer als bürgerpolitische Kraft in Neuschloß.

Bürgerkammer kandidiert für den Ortsbeirat

Die Aktiven der Bürgerkammer wollen sich auch nach der Kommunalwahl im März für Neuschloß engagieren. Das bewährte Team wird deshalb mit einer parteiunabhängigen Liste an der Wahl des Ortsbeirats teilnehmen. An deren Spitze steht die Vorsitzende der Kammer, Carola Biehal. 

Zehn Frauen und Männer finden sich auf dem Wahlvorschlag der Bürgerkammer. „Damit kann es auf jeden Fall wieder einen Ortsbeirat geben“, sagte Biehal im Nomierungstreffen im Foyer der Hans-Pfeiffer-Halle. Vor fünf Jahren waren die Listen aller Parteien auf weniger als die nötigen neun Kandidatinnen und Kandidaten gekommen; die Wahl musste überraschend ausfallen.

Daraufhin gründeten etwa 20 Neuschlößerinnen und Neuschlößer, unterstützt vom Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte, die Bürgerkammer – und gaben mit ihr dem Stadtteil eine Stimme. „Es zeigte sich, dass sich in dieser Runde auch solche Frauen und Männer gerne engagieren, die das aus beruflichen oder privaten Gründen nicht in politischen Parteien können oder wollen“, blickte Pressesprecher Michael Bayer zurück. 

Die so entstandene personelle Stärke habe beispielsweise ermöglicht, das große Stadtteil-Jubiläum mit einem zweitägigen Bühnenprogramm, Kunstausstellung im Beamtenbau, der Festschrift und einem Frühlingsfest zu organisieren. Diese Kraft wolle man bewahren. Zugleich biete der formale Rahmen des Ortsbeirats gesicherte Rechte, etwa was Auskünfte der Stadtverwaltung betrifft.

Biehal betonte, die Mitglieder der Bürgerkammer seien im Stadtteil und seinen Institutionen gut vernetzt. „So können wir auch künftig gut die Anliegen der Neuschlößerinnen und Neuschlößer aufgreifen.“ Die Kammer wolle den Gemeinschaftssinn vor Ort fördern. „Die Premiere unseres Frühlingsfests rund um die Grillhütte im Wald wurde von Hunderten besucht. Das würden wir gerne fortführen.“ 

Zentral sei für Neuschloß, die verbliebenen Altlasten zu sanieren. Neben dem Grundwasser sind auch noch Flächen im Wald belastet, die teils bis in Grundstücke am Rand der Bebauung ragen. „Hier können wir den betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern mit unseren Erfahrungen aus der Sanierung im Ortskern helfen“, sagte Biehal, die auch Sprecherin des Projektbeirats Altlasten ist.

Helmut Kemnitzer, dem Stellvertretenden Vorsitzenden der Bürgerkammer, liegt der Busverkehr besonders am Herzen. „Hier gab es in den vergangenen Jahren deutliche Verbesserungen – etwa, dass die Linie 602 auch das Fachmarktzentrum anfährt.“ Das für Jung und Alt wichtige Thema Öffentlicher Personennahverkehr wolle man weiter intensiv begleiten.

Auf der Liste der Bürgerkammer stehen in dieser Reihenfolge: Carola Biehal (Ahornweg), Helmut Kemnitzer (Akazienweg), Gitte Weidenauer (Buchenweg), Michael Bayer (Ulmenweg), Heidrun Kemnitzer (Akazienweg), Heinz Rupprecht (Ahornweg), Sonja Hilbert (Eichenweg), Rolf Wegerle (Lindenweg), Gisela Bürkel (Ahornweg) und Günter Kirchenschläger (Buchenweg).